Moana aka. Miss Broccoli ist Mutter von zwei Söhnen, lebt in der Schweiz und ist Ernährungsberaterin für Kinder und Jugendliche. Kinder und Gemüse – diese vermeintlichen Gegenspieler schafft sie miteinander in Einklang zu bringen. Auszüge ihres umfassenden Wissens zum Thema Kinderernährung teilt sie auf ihrem persönlichen Blog und auf Instagram.
In unserem gemeinsamen Gespräch erklärt sie ausführlicher, worauf es bei einer guten Esserziehung ankommt und was bestenfalls auf den Snackteller oder in die Brotdose kommt. Die gute Nachricht vorweg: Süßes ist nicht verboten.
Hallo Moana, ist Brokkoli tatsächlich dein Lieblingsgemüse oder wie kam es zum Namen „Miss Broccoli“?
Miss Broccoli: Ich mag Brokkoli schon sehr gerne. Bei Brokkoli habe ich nie das Gefühl, dass ich davon satt bin. Aber den Namen „Miss Broccoli“ hat eigentlich meine Schwester mir gegeben, als ich vor Jahren bei den Gemüseproduzenten gearbeitet habe. Zu dieser Zeit hat sie mich innerhalb der Familie immer „Miss Broccoli“ genannt. Als ich später einen Namen für meinen Blog gesucht habe, kam mir dieser Spitzname wieder in den Sinn. Er passt auch einfach sehr gut zu mir. Meine Familie und ich leben selbst vegetarisch und ich liebe Gemüse. Als Ernährungsberaterin habe ich aber auch das Wissen zu anderen Ernährungsformen.
Innerhalb welcher Altersspanne berätst du?
Miss Broccoli: Meinen Blog habe ich gestartet, nachdem mein Sohn ins Beikostalter kam. Es gab damals nicht viel Wissen über vegetarische Beikost. Die Anzahl an Followern wuchs sehr schnell und stark. Dementsprechend berate ich hauptsächlich Familien mit kleineren Kindern und mein Schwerpunkt liegt auf „Picky Eatern“, das betrifft etwa eineinhalb- bis sechsjährige. Ich könnte mir aber vorstellen, dass sich mein Fokus verlagern wird, wenn meine eigenen Kinder größer sind.
Wie definierst du einen Picky Eater? Ab wann ist ein Kind ein Picky Eater?
Miss Broccoli: Es gibt keine eindeutige Definition. Aber gemeint sind Kinder, die beim Essen sehr wählerisch sind, fast kein Gemüse zu sich nehmen und allgemein sehr eingeschränkt essen.
Welche Ursachen gibt es, wenn Kinder besonders wählerisch sind beim Essen?
Miss Broccoli: Das kann sehr viele Ursachen haben. Einerseits ist es in der Autonomiephase normal, dass Kinder wählerisch werden. Das lässt sich auf unsere Entwicklungsgeschichte zurückführen: In der Steinzeit entfernten sich Kinder mit etwa einem Jahr etwas mehr von ihrer Mutter. Damit sie erkennen konnten, ob ein Lebensmittel gut für sie ist, haben sie sich auf ihre Sinne verlassen: Ist es süß, ist es rot, dann geht’s oder ist es grün oder bitter, dann nicht. Beispielsweise ist sein bitterer Geschmack auch der Grund, warum Brokkoli oft abgelehnt wird. Aber es gibt auch andere Gründe für Picky Eater: Stichwort hochsensible Kinder, autistische Kinder oder Super Taster (ein Mensch, der mehr Geschmacksknospen hat als gewöhnlich). Bei manchen Kindern ist auch die Sensorik noch nicht vollumfänglich ausgeprägt. Es lohnt also, genauer hinzuschauen, wenn das Kind sehr ausgewählt isst.
Welchen Tipp kannst du Eltern von Picky Eatern ganz grundsätzlich mitgeben, um erstmal den Druck rauszunehmen?
Miss Broccoli: In meinen Beratungen reflektiere ich, was die Eltern im Detail stresst. Ich sage dann oft: Hört auf, immer über das Essen zu sprechen. Nehmt mal den Druck weg. Das Kind muss nicht jeden Abend probieren. Erst, wenn der Druck weg ist, kann ein Kind wieder offener werden.
Welche allgemeinen Tipps rund ums Thema Kinderernährung hast du für uns?
Miss Broccoli: Zuallererst müssen wir Eltern uns klar machen, dass wir Vorbilder für unsere Kinder sind. Dann ist es wichtig, dass wir unsere Kinder von Anfang an ausgewogen ernähren – ihnen also alle Farben an Obst- und Gemüse anbieten (Moana hat dazu auch ein tolles Produkt entwickelt) und dass wir frisch kochen. Das ist für mich die Basis einer guten Ernährung.
Wie können wir unsere Kinder ermutigen, etwas Neues auszuprobieren?
Miss Broccoli: Seid ein Vorbild! Wenn die Eltern offen sind und etwas Neues probieren, dann ist das Kind auch offen für Neues. Ich erlebe oft, dass Familien in einer Spirale sind. Dann kann man gar nicht in den Modus kommen, dass das Kind etwas Neues probiert. Essen im Spiel ist auch super. Stellt euren Kindern doch einmal die Frage: Welche Farben hast du heute noch nicht gegessen? Oder erzählt ihnen eine Geschichte, in die das Essen integriert ist.
Von Eltern größerer Kinder, hören wir immer wieder die Aussage: „Meine Kinder haben sich auch nur von Nudeln und Brötchen ernährt und sind trotzdem groß geworden.“ Wie ausgewogen sollte die Kinderernährung sein?
Miss Broccoli: Ich halte nicht so viel von dieser Aussage. Denn dabei frage ich mich: Wie geht es dem Kind heute? Ist es gesund? Man kann mit Nudeln großwerden, klar, aber, wenn man es sich finanziell leisten kann, ist es mein Ansporn, eine gesunde Esserziehung zu leisten. Insbesondere in den frühen Jahren der Kindheit haben wir es als Eltern ja noch in der Hand, wie ausgewogen sich unsere Kinder ernähren. Ich möchte damit aber keinen Druck aufbauen. Phasen von Nudeln und Brötchen sind ok. Aber wenn ein Kind über Jahre bestimmte Lebensmittelgruppen weglässt, dann sollten die Eltern genau hinschauen.
Abwechslungsreich und ausgewogen sollte die Ernährung sein. Gibt es bei dir Menüpläne für die ganze Woche oder wie gehst du die Planung der Mahlzeiten an?
Miss Broccoli: Ich koche geschickt vor, sodass ich Soßen oder Nudeln nochmal verwerten kann beispielsweise. Gemüse verwende ich nur frisch oder aus dem Tiefkühlfach. Auch gibt es bei mir keinen Menüplan, aber ich versuche im Kopf zu planen, dass ich nicht zweimal hintereinander Nudeln anbiete. Grundsätzlich habe ich immer Polenta, Reis, Nudeln, Kartoffeln und ggf. auch Hirse oder Couscous da. Und natürlich koche auch ich meine Standardgerichte, die ich aber abwechslungsreich gestalte, indem ich die Gemüsesorte tausche oder die Proteinbeilage abwechsle. Am Wochenende gibt es dann aufwendigere Gerichte, wie Lasagne oder Pizza.
Ist auch der Wechsel zwischen warmen und kalten Mahlzeiten wichtig?
Miss Broccoli: Ob warm oder kalt ist eigentlich nicht wichtig, solange man sich ausgewogen und abwechslungsreich ernährt. Es gibt sehr viele Familien, die abends immer nur Brotzeit machen und das ist auch okay. Aber dazu gehört auch ein bisschen Buffet mit Rohkost oder Ei, also nicht nur Brot und Käse oder Brot und Fleisch.
Dann lass uns einmal auf die Zwischenmahlzeiten schauen. Oft ist die Herausforderung dabei, dass wir Eltern wenig Zeit haben, gesunde Snacks vorzubereiten. Zu was greifst du, wenn es schnell gehen muss?
Miss Broccoli: Grundsätzlich kann ich Menüteller oder Brotdosen mit verschiedenen Fächern empfehlen. Denn Kinder lieben die Auswahl. Wenn es schnell gehen muss, greife ich zu getrockneten Früchten, Nüssen, frischem Obst, Reiswaffeln oder Reispopps sowie Vollkorncrackern.
Welche Snacks bietest du außerdem gerne an?
Miss Broccoli: Vorweg möchte ich nehmen, dass ich nicht aufwendig backe oder koche für die Snacks. Mein Credo ist, einfache und schnell zubereitete Snacks anzubieten. Manchmal bereite ich Fruchtschnitten oder Energieballs zu oder gebe Bananen mit Erdnussmus, im Sommer Nicecream. Ab und zu biete ich Joghurt mit Haferflocken an.
Worauf sollten Eltern bei der Auswahl an Snacks grundsätzlich achten?
Miss Broccoli: Kein Obst und Gemüse anzubieten und nur Süßes geben, wäre keine gute Wahl. Über Snacks haben wir die Möglichkeit, nochmal extra viele Nährstoffe ins Kind zu bekommen. Mit Nüssen, Dörrfrüchten und Früchten kann man eine Obst- und Gemüseportion abdecken und über Vollkorn- und Getreideprodukte gute Kohlenhydrate zuführen.
Ist Süßes verboten?
Miss Broccoli: Nein, Süßes darf seinen Platz haben. Wir leben in einer Gesellschaft, in der es nicht die Chance gibt, zuckerfrei zu leben. Nichts ist zuckerfrei, auch Honig oder Datteln sind Zucker. Ich empfehle, Regeln aufzustellen. Auch die Ernährungsgesellschaften sagen, dass eine Süßigkeit pro Tag okay ist. Das ist also eine Kinderhand voll Süßes. Wir können aber versuchen, bei dieser Handvoll zu steuern, und statt Kinderschokolade einen Energy Ball mit Nüssen und Dörrfrüchten als Süßigkeit „verkaufen“. Und wenn man mal zu Kaffee und Kuchen eingeladen ist, ist das auch völlig okay. Dann kann man ja auch noch einen Apfel dazu schneiden.
In den Supermärkten gibt es ein großes Angebot an bunten Kindersnacks. Was hältst du davon?
Miss Broccoli: Grundsätzlich finde ich es vollkommen okay, Kindersnacks zu kaufen, solange wir uns klar machen, dass sie kein Obst- oder Gemüseersatz sein können. Ich empfehle auf Vollkorn und den Zuckergehalt zu achten.
Moana hat auf ihrem Blog ganz viele leckere und leichte Snackrezepte. https://missbroccoli.com/mamafoodblog/kinderrezepte/